Bei einem Audiogramm, auch Reintonaudiogramm (RTA) oder Hörkurve, wird das subjektive Hörvermögen eines Menschen gemessen, also welche Tonfrequenzen er ab welchem Pegel mit seinem Hörsinn gerade noch wahrnehmen kann. Es ist in der Regel Bestandteil eines Hörtests.
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Beim Aufnehmen eines Tonaudiogramms bei einem Hörtest - meist beim HNO-Arzt oder Hörakustiker- werden dem Getesteten über eine Schallquelle eine Reihe bestimmter Töne mit jeweils steigender Tonstärke vorgespielt. Die Lautstärkeerhöhung beträgt bei den meisten Tonaudiometern +5 Dezibel. Dabei muss der Proband ein vereinbartes Zeichen (Drücken eines Knopfes, Heben der Hand, usw.) geben, sobald er einen Ton gerade noch wahrnimmt. Dieser Test wird für die Schallübertragung per Luft (mit Kopfhörern/Lautsprecher) und per Knochenleitung (Knochenleitungshörer) durchgeführt. Für jede überprüfte Frequenz (Tonhöhe) wird die Lautstärke, ab welcher der Proband den Ton wahrnimmt (Hörschwelle), in ein Formular eingetragen. (Bild oben).
Früher wurde vermehrt das sogenannte Békésy-Tracking benutzt: Hier können die Probanden selbst die Tonintensität mithilfe eines Knopfes variieren. Dieses Verfahren wurde bei Hörtests aber aufgrund einer zu hohen Fehlerquote abgelöst.
Mit Dezibel (dB) wird die Stärke des Geräuschpegels gemessen, also die Höhe des Schalldrucks. Die Dezibelskala ist eine logarithmische Skala, bei der die Verdopplung des Schalldrucks einer Pegelzunahme von 6 dB entspricht.
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Menschen hören nicht einfach Geräusche, sondern vielmehr eine Kombination von Frequenzen, also Tonhöhen und deren Schalldruckpegel. Frequenzen werden in Hertz (Hz) gemessen und geben die Schwingungen pro Sekunde an, welche auf unser Ohr treffen. Im Durchschnitt liegt der menschliche Frequenzbereich zwischen 20 und 20.000 Hertz. Für besonders angenehm erachtet man den Bereich zwischen 500 und 4.000 Hz, in dem auch die menschliche Sprache liegt.
Unsere Sprache besteht aus verschiedenen Tönen und Lauten. Neben den Grundtönen, welche überwiegend aus tiefen Tönen bestehen, gibt es noch die Hauptzone der mitschwingenden Konsonanten und die mitschwingenden Obertöne und hohe Vokale. Außerdem beinhaltet unsere Sprache auch noch Zischlaute. Im folgenden Schaubild einer sogenannten „Sprachbanane“ kann man den Bereich der Kombination zwischen Lautstärke und Frequenz, indem Sprache vorkommt, sehen.
Normalhörende Personen können alle Buchstaben in der Sprachbanane ohne Anstrengung hören. Je nach Art des Hörverlusts, also welcher Frequenzbereich betroffen ist, könnte das Hören bestimmter Buchstaben erheblich erschwert sein, weswegen auch die Sprachverständlichkeit verzerrt wird.
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Die horizontale Achse des Audiogramms beschreibt die Tonhöhe als Frequenz in Hertz (Hz) oder Kilohertz (kHz). Die senkrechte Achse des Diagramms gibt die Lautstärke von oben nach unten zunehmend in Dezibel (dB) an, bei der die Hörschwelle des Probanden liegt. Der Hörpegel ist so normiert, dass eine gerade Linie bei Null das normale Hörvermögen darstellt (wobei Abweichungen bis zu 20 dB noch zum Normalhörenden-Bereich gehören). Hierzu wurden die Hörkurven von zahlreichen Normalhörenden ermittelt und das damit entstandene Maß als dB HL bezeichnet. dB HL bedeutet Dezibel Hearing Level. 0 dB HL bedeuten im Graphen nicht etwa eine Lautstärke von 0 Dezibel, sondern die gemittelte Hörschwelle jener getesteten Normalhörenden. Nach dem Standard DIN EN ISO 8253 werden für die Luftleitung die Zeichen “o” (rechts) und “x” (links), für Knochenleitung die Zeichen “>” (rechts) und “<” (links) eingetragen.
An einem Audiogramm kann man nach dem Hörtest die Luftleitungshörschwelle sowie die Knochenleitungshörschwelle bei den unterschiedlichen Frequenzen ablesen. Verläuft der Graph beider Hörschwellen normal bei oder um 0 dB HL, so funktionieren Gehörknöchelchen, Sinneszellen und Gehörnerv einwandfrei.
Liegen die Hörschwellen bei Luftleitungs- und Knochenleitungshörschwelle aufeinander, so liegt eine Schallempfindungsstörung vor. Kann der Proband zwar über die Luftleitung Töne schlecht wahrnehmen, hat aber mit der Knochenleitung keine Probleme, hat er eine Schallleitungsschwerhörigkeit, welche zum Beispiel durch eine Mittelohrentzündung oder Otosklerose hervorgerufen werden kann.
Ist die Knochenleitungsschwelle schlechter als normal und die Luftleitungshörschwelle noch schlechter, so spricht man von einer kombinierten Schwerhörigkeit. Personen, welche vermuten, von einem Hörverlust betroffen zu sein, können also bei einem Hörtest mit einem Tonaudiogramm relativ unkompliziert einen genauen Befund ihres Hörvermögens erhalten.
Natürlich funktioniert die erfolgreiche Aufnahme eines Audiogramms nur mit der Mitarbeit des Probanden. So sind kleine Kinder meist mit der Aufgabe überfordert. Außerdem vertraut eine Erstellung eines Audiogramms auf die Aussage des Probanden: Er kann Dinge schlimmer darstellen als sie sind oder Missstände erfinden.
Das Audiogramm bildet den Ausgangspunkt für die Auswahl des Hörgerätetyps und die Grundeinstellung des Hörgeräts. Zudem muss bei einem Anamnesegespräch geklärt werden, in welchen Hörsituationen sich der Betroffene vorwiegend befindet und welche Ansprüche er dementsprechend an sein Hörgerät hat. Die Voreinstellungen lassen sich mithilfe der hinterlegten Kundendaten, des Audiogramms und mittels der herstellereigenen Anpassungsformel vom Hörakustiker einstellen. Allerdings muss dem subjektiven Hörempfinden des Hörgeräteträgers Vorrang gewährt werden und die Voreistellungen verfeinert oder sogar verändert werden.
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